© Susanne Röthig

Unser Wasser – Teil V

(sr) Wasser ist eine begrenzte und zunehmend knappe Ressource. Für uns ist es selbstverständlich, dass Wasser in trinkbarer Qualität aus dem Hahn kommt. In der Märzausgabe der SIEBEN: ging es um den Weltwassertag, die Wasserwerk Alfeld GmbH und die Frage wie das früher mit der Wasserversorgung in Alfeld war. Die Aprilausgabe beschäftigte sich mit der Trinkwasserenthärtung im Gebiet der Stadt Alfeld. Die Maiausgabe beschrieb, wie das Wasser zum Wasserwerk kommt, was dort mit dem Wasser passiert und wie es in die Haushalte gelangt. Im Juni waren Möglichkeiten der (Trink)-Wassereinsparung Thema.

Was geschieht mit dem Schmutzwasser? Mit dieser Frage wollen wir uns im abschließenden Teil unserer kleinen Serie über das Wasser auseinandersetzen. Ein Besuch auf dem Gelände der Kläranlage der Stadt Alfeld (Leine) im Ortsteil Wettensen gab Aufschluss. 

Drei Schneckenpumpen fördern das ankommende Schmutzwasser zum Rechen.

„Von der Ankunft des Schmutzwassers aus rund 6.000 Haushalten, also Wasser, dass zum Duschen, zum Waschen von Geschirr und Bekleidung verwendet wurde und das durch die Toilettenspülung in die Kanalisation gelangt ist, an der Kläranlage in Wettensen, dauert es etwa drei Tage, bis es die Anlage gereinigt wieder in die Leine verlässt“, erläutert Maik Hartmann. 1985 hat er seine Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik begonnen, seit 2016 ist er Abwassermeister, verantwortlich für Förderschnecken, Klärbecken, Belebungsbecken, Faulturm, Schönungsteich, ganz viel Technik und Chef der sechs Mitarbeitenden. 

Die gereinigten und gepressten Rückstände, die der Rechen aufgefangen hat, werden für die Müllentsorgung gesammelt.

Unspektakulär fließt das Schmutzwasser, das je nach Wetterlage einen mehr oder weniger starken Geruch aufweist, der aber durchaus auszuhalten ist, bis zum Fuß der drei Förderschnecken. 125 Liter pro Sekunde fördert jede der Schneckenpumpen in die Höhe. 4.000 bis 6.000 Kubikmeter müssen sie täglich bearbeiten. 

Fette und Schwimmstoffe im Vorklärbecken werden entfernt.

Die Reinigung des Wassers erfolgt zunächst mechanisch. Am Rechen sammeln sich grobe Inhaltsstoffe. „Besonders problematisch ist feuchtes Toilettenpapier“, erläutert Maik Hartmann. „Es löst sich nicht auf, manche werfen auch in Pflegemittel getauchte Feuchttücher in die Toilette. Diese werden wie Klumpen und können Rohre verstopfen.“ „Oft geschieht das bereits in der Abwasserleitung im Haus der Verursacher und die Reinigung geht dann zu Lasten der Immobilienbesitzer“, sagt Frank Schwarzwälder. Der Diplom-Ingenieur ist für die Stadtentwässerung zuständig. Auch Speisereste gehören nicht in das Schmutzwasser. „Das zieht Ratten an und führt durch Fettablagerungen zum Zusetzen der Abwasserleitungen. Ebenso wenig dürfen Farbreste, Lösungsmittel, Altöle und Ähnliches über den Schmutzwasserkanal entsorgt werden.“ 

Rückstände, die am Rechen hängen geblieben sind, werden gewaschen und gepresst und der Müllentsorgung zugeführt. „Wir hatten auch schon Anfragen, ob wir ein Gebiss gefunden haben“, lacht Maik Hartmann. Das verbliebene Schmutzwasser landet im Sandfang. Schmutzpartikel setzen sich ab. Der Saugheber trennt das Sediment vom Wasser. Der Sand wird gewaschen und entsorgt. Proben geben Aufschluss über Schwermetalle und andere Inhaltsstoffe. „Unsere Ergebnisse der Abwasserproben liegen deutlich unter den als problematisch angesehenen Werten, da wir keine Industrie haben, die hier auffällig sein könnte“, sagt Frank Schwarzwälder. 

Nach dem Sandfang gelangt das Wasser in das Vorklärbecken, die Fließgeschwindigkeit wird deutlich reduziert, sodass sich Schwimmstoffe an der Oberfläche befinden und sich Schlamm absetzen kann. Die Schwimmstoffe und Fette werden von der Wasseroberfläche entfernt. Die mechanische Reinigung ist damit abgeschlossen.

Rund 37.500 Quadratmeter umfasst das Gelände der Kläranlage im Alfelder Ortsteil Wettensen. Komplexe mechanische Vorgänge und biologische Prozesse sorgen dafür, dass Schmutzwasser gereinigt wird und wieder in die Leine fließen kann.

Bakterien sind unverzichtbare Helfer 

Mithilfe von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die Nitrate, Ammonium, Nitrite und Phosphor aufnehmen, erfolgt die weitere biologische Reinigung des Wassers. Durch eine sogenannte Kaskadenbelebung in zwei verschiedenen Becken, die durch die Kombination von Sauerstoffzugaben, Belebtschlamm, der aus Mikroorganismen besteht und der Bewegung des Wassers ohne Sauerstoffzufuhr (Anaerob-Becken) dafür sorgt, dass organische Verbindungen aufgespalten und verwertet und Stickstoffe abgebaut werden, erfolgt die weitere Aufbereitung des Wassers. 

Phosphor spielt dabei eine interessante Rolle. In Gewässern unerwünscht, ist es ein wichtiger Mineralstoff für die Nährstoffverwertung und elementar für Zähne und Knochen und die Landwirtschaft. Die Menschen nehmen Phosphor mit der Nahrung auf. Im Abwasser fallen sehr hohe Mengen Phosphor an: etwa 70 Prozent durch die Fäkalien von Menschen und Tieren, der Rest durch Reinigungs- und Waschmittel und Küchenabfälle. Da Phosphor ein endlicher Rohstoff ist, konzentrieren sich die meisten technischen Lösungen auf die Wiedergewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm von Kläranlagen. 

Durch das Bio-P-Verfahren (biologische Phosphatelimination) bleibt Phosphor im Klärschlamm erhalten und kann durch Recycling beispielsweise in der Landwirtschaft als Dünger wieder verwendet werden. Nach dem Bio-P-Verfahren arbeitet auch die im Jahr 2018 in Betrieb genommene neue Kläranlage der Stadt Alfeld.

Maik Hartmann kontrolliert die Verarbeitung des übrig gebliebenen Klärschlamms aus dem Faulturm. Dieser wird mechanisch entwässert und findet in der Rekultivierung Verwendung.

Biogas heizt Gebäude der Kläranlage 

Der Klärschlamm (Teile werden wieder für die Belebung verwendet) landet für 30 Tage im Faulturm. Bei 37 bis 40 Grad Celsius entsteht Biogas (Methan), mit dem die Gebäude der Kläranlage geheizt werden. Die Reste des Schlamms werden wiederrum entwässert und nach einer Kompostierung für Renaturierungsmaßnahmen verwendet. 

Der digitale Überblick gibt genauen Aufschluss über die  einzelnen Stationen der Kläranlage. 

Medikamentenrückstände und Mikroplastik bleiben im geklärten Wasser 

Im Nachklärbecken wird nochmals separiert. Schlamm setzt sich ab. Das geklärte Wasser läuft ab. Anschließend verbessert sich die Qualität des gereinigten Abwassers weiter im Schönungsteich, der gleichzeitig die Funktion eines Feuchtbiotops übernimmt, bevor es wieder in die Leine fließt. „Was wir nicht herausfiltern können, sind beispielsweise Rückstände von Medikamenten und Mikroplastik“, erklärt Maik Hartmann. „Das wäre nur mit einer 4. Reinigungsstufe möglich, die in den meisten Kläranlagen noch nicht gebaut ist.“ Neben der neuen Anlage sind noch die leeren alten Klärbecken zu sehen. „Die haben wir als Havarie-Becken in Reserve, falls verunreinigtes Wasser, das beispielsweise bei einem Unfall im Stadtgebiet abgepumpt wird, zwischengelagert werden muss“, erklärt Frank Schwarzwälder. 

Im Schönungsteich, der auch gleichzeitig als Feuchtbiotop dient, erfolgt eine weitere Verbesserung der Wasserqualität, bevor dieses etwa drei Tage nach Ankunft im Klärwerk wieder in die Leine fließt.

Krisensicherer Ausbildungs- und Arbeitsplatz 

Zu Maik Hartmanns Aufgaben gehören auch die mikroskopischen Untersuchungen von Proben, um Unregelmäßigkeiten festzustellen. Herzstücke der Anlage sind die Belüfter der Aerzener Maschinenfabrik GmbH, die während der biologischen Reinigung zum Einsatz kommen. Elementar für den Abwassermeister ist die digitale Unterstützung. „Ich kann die gesamte Anlage auf dem Monitor überwachen, erhalte genaue Informationen beispielsweise über die Temperatur im Faulturm oder den Wasserstand in den einzelnen Becken. Technische Defekte sind genau zu lokalisieren“, erklärt Maik Hartmann. „Außerdem sind wir hier Anfahrstelle für Wohnmobilisten zur Entsorgung der Bordtoilette.“

Wer Interesse an der vielfältigen Arbeit im Bereich der Abwassertechnik hat, kann während eines Praktikums Eindrücke sammeln. Die Kläranlage der Stadt Alfeld (Leine) ist Ausbildungsbetrieb und bietet krisensichere Arbeitsplätze. Auch ein Besichtigungstermin ist nach Vereinbarung möglich.

Kläranlage der Stadt Alfeld (Leine)
Telefon: (0 51 81) 2 37 97
Außerhalb der üblichen Arbeitszeiten wird der Anruf zu einer Störmeldezentrale weitergeleitet. 

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