Weihnachten 2019 – 20.März 2020
24. Dezember bis 5. Januar
Wir genießen die freie Zeit zu Haus in Alfeld, mit Besuchen von Familie und Freund*innen, Rad fahren, Kultur, fahren dann auch wieder nach Berlin, ich muss ja am 6. wieder arbeiten. Zwischendrin müssen wir leider auch noch zu einer Trauerfeier für eine Freundin in Bamberg. Immer wieder wird uns deutlich, wie begrenzt unsere Zeit auf Erden ist.
Bis jetzt hat praktisch kein Mensch etwas von der Tragödie gehört, die sich in China anbahnt und die in kürzester Zeit die gesamte Welt verändern wird.
Am 31. Dezember informieren die chinesischen Behörden die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass in der Provinz Wuhan seit Beginn des Monats mehrere Personen an schwerer Lungenentzündung erkrankt seien, deren Erreger bisher nicht bekannt sei.
Am 1. Januar 2020 wird der lokale Fischmarkt in Wuhan geschlossen.
Zwischen dem 31.12. 2019 und dem 4.1. 2020 werden der WHO 44 neue Fälle von Pneumonien mit unbekannter Ursache aus Wuhan gemeldet.
Die Evakuierung von Ausländern aus Wuhan beginnt.
Pandemie
Wir freuen uns weiter auf unseren Retriever Welpen im März und hoffen, dass die Zeit bis dahin schnell vergeht.
12. Januar
Eine Nachricht der Züchterin: “Der Hündin Nele geht es gut, wir haben die letzten beiden Wochen bis zum Wurf.”
Wir sind fast schon mit aufgeregt.
13. Januar
Der erste Corona Fall außerhalb Chinas wird gemeldet, aus Thailand. Das Virus heißt inzwischen Coronavirus SARS-CoV-2, auch neuartiges Coronavirus. Die durch das Virus ausgelöste Infektionserkrankung wird als COVID-19 ganz schnell traurige Bekanntheit erreichen.
Ich bereite mich auf meine nächste Dienstreise in den Sudan und Südsudan vor, China und Thailand sind weit weg. Ein bisschen mulmig ist mir momentan noch aus anderen Gründen, im Südsudan ist weiter unklar, ob es endlich zur Eindämmung des so lang anhaltenden Krieges, des Hungers, der Verzweiflung kommen wird, oder ob immer weiter Menschen vertrieben und sterben werden. Menschen hier sind praktisch immer im Krisenmodus. Ein Gesundheitssystem ist quasi nicht vorhanden
15.Januar
Der erste Fall einer Infektion mit dem neuartigen Virus wird aus Japan bekannt
17. Januar
Experten schätzen die Zahlen der in Wuhan Erkrankten auf ca. 1700. spätestens jetzt wird auch klar, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist.
20. Januar
Südkorea meldet den ersten Fall einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus. Ich breche zu meiner Reise in den Südsudan auf.
21.- 25. Januar
Bei der Einreise muss ich den Zettel zur Kontrolle von Ebola ausfüllen (woher kommen Sie, mit welcher Fluggesellschaft, welcher Platz, wie sind Sie erreichbar etc), gleich beim Ausstieg aus dem Flugzeug wird Fieber gemessen bei jedem Passagier, wie seit Monaten schon.
Ich bin sehr beschäftigt mit Gesprächen und Konferenzen in Juba, der Hauptstadt des Südsudan. Alle Szenarien deuten daraufhin, dass es in absehbarer Zeit keinen Frieden für die Menschen in diesem geschundenen Land geben wird. Es wird immer schwieriger Hoffnung zu geben- das geht nur langfristig. Es wird noch Jahre dauern- aber ganz sicher kommt der Tag, dass es sich zum Besseren verändert. Es liegt an jedem und jeder Einzelnen, inner-und außerhalb des Landes, jetzt mit daran zu arbeiten, damit es sich eines Tages ändern kann. Solidarität gilt es zu üben, hier, und überall sonst.
26.Januar
Ich bin – nach Umstieg in Nairobi mit Fiebermessen, Formular ausfüllen, immer noch wegen Ebola, wohlgemerkt – in Khartoum angekommen, der Hauptstadt des Sudan. erste Gespräche haben stattgefunden, ich bereite meine Weiterreise über Land in die kriegsgeplagten Regionen Darfur und Nuba Berge vor, freue mich darauf, seit Jahren war es nicht mehr möglich, die Menschen dort direkt zu besuchen.
Chinesische und US-amerikanische Experten gehen inzwischen bei steigenden Fallzahlen davon aus, dass die Infektion mit dem neuartigen Coronavirus auch fast symptomfrei verlaufen kann.
Die Züchterin meldet: Nele liegt in den Wehen. Am nächsten Morgen wird sie 10 Welpen zur Welt gebracht haben, 3 Rüden und 7 Hündinnen. Einer der Rüden wird unser werden. Unsere Namenssuche ist noch nicht von Erfolg gekrönt, aber es ist ja noch ein wenig Zeit. Was für eine andere Welt…
8. Februar
Ich bin zurück aus dem Sudan in Alfeld und muss auch gleich am 9. schon wieder nach Berlin.
Corona ist jetzt Thema in den Medien. Schon am 1. Februar wurden 102 deutsche Staatsbürger*innen und 26 Angehörige von ihnen aus China evakuiert, alle symptomfrei. sie müssen aber für 14 Tage in Quarantäne, und am 2. Februar schon wird bei zweien von ihnen die Infektion festgestellt.
9. Februar
16 Erwachsene und 4 Kinder werden nach Berlin evakuiert und in die Kliniken des Deutschen Roten Kreuzes gebracht.
In China werden 800 Todesfälle aufgrund der neuen Virusinfektion registriert.
14.Februar
Ich treffe in Berlin den Premierminister des Sudan und seine Delegation, sie sind auf dem Weg zu den Münchner Sicherheitsgesprächen und zum Gespräch mit der Kanzlerin.
In München treffen sich die “Großen der Welt” relativ unbekümmert vom Virus in bekannter Konferenznähe
15.Februar
Frankreich meldet den ersten Todesfall aufgrund COVID-19.
22.Februar
Wir dürfen die Welpen das erste Mal besuchen! Was für eine Freude. noch ist nicht klar, welcher der drei Rüden unser werden wird, die Züchterin entscheidet je nach Wesen, wer zu wem passt, das ist uns Recht. Wir verschicken Welpen-Fotos an unsere Familie und Freunde, die darum gebeten haben, und merken, welche Freude sie bei ihnen auslösen
23.Februar
Italien meldet die ersten beiden toten Europäer, die durch das neuartigen Coronavirus gestorben sind.
24.-26. Februar
Ich bin schon wieder auf Dienstreise, dieses Mal zu einer Konferenz in Nairobi. Bei der Einreise wird wieder Fieber gemessen- aber jetzt wegen des Coronavirus, die Ebola Formulare müssen wir nicht mehr ausfüllen. Ich bin froh, dass Kenia sich schon rüstet- auch hier wird ein großer Ausbruch der Infektionen eine einzige Katastrophe auslösen, bei der großen Armut.
Am 26. meldet die WHO erstmals mehr Neuinfektionen außerhalb Chinas als innerhalb. Auf dem nächtlichen Rückflug sitzen sehr viele Passagiere mit Atemschutzmasken mit mir im großen Flieger. Ich rechne damit, dass nun auch auf meinem Zwischenstopp Amsterdam Formulare ausgefüllt werden müssen und Fieber gemessen wird. Nein, nichts passiert, alles läuft wie immer, auch in Berlin Tegel, meiner Endstation.
7. März
Ich entscheide, lieber nicht zum Geburtstag meiner Tante zu gehen, sie ist noch fast 20 Jahre älter als ich und herzkrank. Wer weiß, vielleicht habe ich mir durch meine Reisen oder in den überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin schon das Virus eingefangen, auf gar keinen Fall möchte ich sie anstecken. Seit drei Tagen bin ich sehr stark erkältet.
Die WHO meldet über 100.000 Infizierte weltweit und 3.486 Tote, am 19. März werden es über 200.000 Infizierte und 8778 Tote sein.
Wir wissen inzwischen, dass wir unseren Welpen am Wochenende um den 22.3. abholen können. Ich habe ab dem 21. für 4 Wochen Urlaub und Zeitausgleich beantragt und genehmigt bekommen.
9.-12. März
Am 11. März erklärt die WHO erklärt die bisherige Epidemie zur Pandemie.
In Berlin werden immer mehr Veranstaltungen abgesagt, wir haben schon seit ein paar Tagen bis mindestens Ende April Dienstreisestopp, weil niemand weiß, was sich wie weiter entwickelt. In Deutschland gibt es jetzt so hohe Fallzahlen und wir wollen natürlich keinesfalls unsere Partner in aller Welt noch weiter gefährden. Auch eine neue Situation: dachten viele doch immer, Menschen aus wenig entwickelten Ländern würden bei uns “Seuchen” einschleppen. Und nun ist es grad umgekehrt.
Was wird mit den vielen Flüchtlingen passieren? immer mehr Grenzen werden geschlossen. Unvorstellbar, wenn in Flüchtlingslagern, wo Menschen auf engstem Raum zusammenleben, das Virus wütet.
Ich entscheide mich, jetzt direkte Kontakte noch stärker zu begrenzen, auch im Büro. Frage mich: was hat mir geholfen, in den vielen Jahren, in denen ich mich jetzt schon in Kriegs-und Krisengebieten bewege? Risikominimierung für mich und alle anderen, und: vorbereitet sein. Alles andere liegt dann in Gottes Hand.
Ich befürchte, dass Berlin vielleicht bald “dicht” gemacht wird angesichts der vielen Neuinfektionen, dass ich vielleicht wegen Erstkontakt unter Quarantäne gestellt werde, die ich dann in meiner Einraumwohnung allein verbringen müsste.
Glücklicherweise habe ich in dieser Woche noch einen Zahnarzt und Friseurtermin, und kann noch zwei andere Termine absagen. So trete ich meine ohnehin geplante “Welpen-Erziehungs-Auszeit” eine Woche früher an, beantrage 2 Tage Mobiles Arbeiten und den Rest der kommenden Woche Zeitausgleich.
13. März
Ich fahre ab aus Berlin, mittags, noch nie habe ich den Hauptbahnhof um diese Zeit so leer gesehen, gespenstisch. Mit gemischten Gefühlen hatte ich die Tür meiner Wohnung abgeschlossen. Wann werde ich sie wieder aufschließen können?
Welche von den Geschäften wird es noch geben, wenn ich wieder komme? Werden alle Kolleg*innen und Bekannten überleben? Und wir selbst?
Inzwischen empfiehlt mein Arbeitgeber generell mobiles Arbeiten, es gibt gelockerte Regeln für Krankschreibungen und vieles mehr. Zu Hause ist auch die Corona Realität angekommen, wir haben einen Erstkontakt zu einem Infizierten im Familienkreis.
Wir dürfen am Abend noch einmal die Welpen besuchen, haben uns inzwischen auch auf einen Namen geeinigt, Kuyo soll er heißen, es ist jetzt auch klar, dass wir “Herrn Grün” bekommen (Welpen werden immer farblich gekennzeichnet). Kurz soll der Besuch gehalten werden, der Mann der Züchterin ist vorerkrankt und darf auf keinen Fall eine Infektion bekommen.
Uns wird langsam immer klarer, dass auch wir zur Risikogruppe gehören, allein aufgrund unseres Alters. Deshalb fragen wir uns auch kurz, ob wir es überhaupt verantworten können, jetzt einen Welpen aufzuziehen. Was, wenn wir schwer erkranken oder gar sterben an dem Virus? Wir sprechen das auch mit der Züchterin an, aber erst an dem Tag, als wir unseren Kuyo abholen. Sie nimmt ihn auf, sollte sie selbst gesund bleiben. Ansonsten gibt es meinen Bruder und einen guten Freund, das ist mit beiden sowieso ausgemacht für den Fall, dass wir nicht in der Lage sind-es gibt ja auch noch andere Krankheiten. Aber soll man jetzt schon aufgeben und keine Hoffnung auf ein Leben nach Corona haben? Nein, das geht nicht, niemals.
16. – 20. März
Inzwischen gibt es immer mehr Ausgangssperren in Nachbarländern, die Bilder aus Italien, Frankreich und Spanien werden immer dramatischer, während Neuinfektionen in China und Südkorea stark zurück gegangen sind. Ersteres macht Angst, Letzteres Hoffnung.
Auch in Alfeld gibt es inzwischen die ersten Infizierten, überall weltweit steigen die Fallzahlen, die Zahlen der Toten.
es ist nur eine Frage der zeit, wenn auch meine afrikanischen Freund*innen die ersten Fälle melden- was soll dort nur werden?
Wir haben Telefon-und digitale Konferenzen innerhalb unserer Abteilung, unseres Referates, mit Partnern.
Wann wird bei uns eine Ausgangssperre kommen? Ich rechne damit, dass es spätestens am 23. soweit sein wird.
Ganz egoistische Gedanken: Werden wir unseren Welpen noch abholen können? Am 18. spricht die Kanzlerin zu uns allen, erstmals außerhalb der Weihnachts-/Neujahrsansprachen.
Noch mahnt sie, bittet sie. Haltet Abstand, bleibt zu Hause.
Es ist klar: Es kann fürchterlich werden
Vor-Corona: Hundelose Such-Zeit
September – Dezember 2019
Corona und Welpe im “Anmarsch”
Weihnachten 2019 – 20.März 2020
Coronatage mit Kuyo
21. März bis 26. April
Coronatage mit Kuyo im Mai
28. April bis 24. Mai
Coronatage mit Kuyo im Juni
8.Juni bis … solange es eben währt