Verlängert sich das Leben für den denkmalgeschützten Treff?

(sr) Kultur- und Begegnungszentrum oder langsames Sterben einer geschichtsträchtigen Immobilie

Anfang August brachte Ministerin Birgit Honé den Förderbescheid über 158.000 Euro ins Rathaus. (s. SIEBEN-Online). Damit sollen im Rahmen des Sofortprogramms „Perspektive Innenstadt“ die Zentren gestärkt werden. „Diese Fördermittel sind häufig unabdingbar für kommunale Sanierungs- und Bauprojekte und dienen unmittelbar dem Gemeinwohl“, heißt es in der Pressemitteilung. Das vorgesehene Budget der Fördermittel für Alfeld liegt insgesamt bei 355.000 Euro. Bis zum Frühjahr 2023 sollten die Vorhaben in den Kommunen umgesetzt sein. Die Zeit drängt also. 

Birgit Dörries und Mario Stellmacher vor den Gebäudeteilen, die größtenteils abgerissen werden sollen. Hier soll dann eine Außenbühne entstehen.

Kein Interesse an gewerblicher Nutzung 

Während des Übergabetermins des Förderbescheids erklärte Alfelds Stadtoberhaupt Bernd Beushausen, dass das Kultur- und Begegnungszentrum an der Sedanstraße „Portalfunktion“ für die Innenstadt haben solle. Er lobte die bisherigen Aktivitäten des Investors Lars Rogge, der bereits am anderen Eingang zur Fußgängerzone für ein schönes Entree gesorgt habe. Das stimmt. Öffnet der geneigte Stadtbesucher oder Tourist erst kurz vor dem Sappi-Kreisel die Augen, wird er mit einem höchstinteressanten, unverwechselbaren architektonischen Mix belohnt, der einfach Spaß macht.

Zukünftig wieder ein Ort für Jugendarbeit und mehr? 

Das Gebäude des bisherigen Jugendtreffs sieht von außen ebenfalls gar nicht mal so schlecht aus. Die Bausubstanz ist allerdings marode. Elektrik, Brandschutz, sanitäre Anlagen, Energieeffizienz: alles schon lange nicht mehr zeitgemäß. Mehr als 12 Jahre wird mittlerweile entwickelt, geplant und abgelehnt. Die Stadt habe versucht, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude für gewerbliche Zwecke zu verkaufen, aber es wollte nach vielen Gesprächen und Planungen letztendlich niemand haben, so Alfelds Baudezernent Mario Stellmacher. Einst diente es der Familie Behrens als Wohnhaus. In den Gebäuden der Firma E. C. Behrens, in Alfeld damals bekannt als „Tüten-Behrens“, die ebenfalls auf dem Areal standen, wurde bis zum Umzug an die Fritz-Kunke-Straße produziert. Unter www.alt-alfeld gibt es viele weitere Infos und Bilder aus dieser Zeit. 

Ratsmitglieder, Landtagsabgeordnete, Ministerin und Bürgermeister freuen sich über den Förderbescheid für die Stadt Alfeld (Leine) von links: Peter Winkelmann, Andreas Behrens, Laura Hopmann, Birgit Honé, Waltraud Friedemann, Bernd Beushausen und Harald Schliestedt. 

Nun also mit dem Kultur- und Begegnungszentrum ein neuer Versuch, das Schätzchen zu sanieren und zu beleben und es neben der Jugendarbeit auch anderen Nutzenden zugänglich zu machen. Fördergelder wurden beantragt und sind bewilligt. Aber da ist noch ein nicht unerheblicher Betrag von ca. 800.000 Euro, der aus dem Stadtsäckel bezahlt werden muss. Und da dort schon lange nicht viel zu holen ist, will eine solche Ausgabe wohl überlegt sein. Die Ratsmitglieder sind gefragt. Am 15. September 2022, 17 Uhr, tagen dazu Bau- und Grundeigentumsausschuss und Jugend- und Sozialausschuss im großen Sitzungssaal. Die Sitzung ist öffentlich. Eine endgültige Entscheidung, wie es an der Sedanstraße weitergehen soll, so Mario Stellmacher, wird wohl dann erst im Dezember durch den Alfelder Rat fallen. 

Dach und Dachstuhl sind laut Birgit Dörries und Mario Stellmacher in gutem Zustand.

Was aber genau soll dort entstehen und wer profitiert davon? Wie ist die derzeitige Nutzung? Die SIEBEN hat sich mit Alfelds Baudezernenten Mario Stellmacher und der verantwortlichen Projektleiterin Birgit Dörries getroffen.

Der Außenbereich wird zurzeit laut Mario Stellmacher für Veranstaltungen im Bereich der Jugendarbeit genutzt. Hauptsächlich findet Jugendarbeit derzeit im Gebäude am Bahnhof 14 (Alfeld-Rockt-Café) statt. Die dortigen Angebote, zu denen laut Internetseite von montags bis freitags von 15 – 18 Uhr die „Offene Tür“ gehört, sollen Jugendlichen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und Freizeitgestaltung geben. Drei feste Mitarbeitende beschäftigt die Stadt Alfeld in der Jugendarbeit. 

Perspektive Hofseite: So könnte es nach dem Willen der Planer aussehen.

Zurück zur Sedanstraße: Das Außenareal punktet mit altem Baumbestand, eine feste Tischtennisplatte ist vorhanden. Zurzeit werden die Räume des Gebäudes von der Stadtjugendpflege und vom Stadtjugendring im Wesentlichen als Lagerplatz genutzt. Beim Betreten wird schnell klar, dass hier Handlungsbedarf besteht, soll das Gebäude für eine moderne Jugendarbeit „fit“ gemacht werden. Elemente, wie aufwendiges Parkett und ein Jugendstilfenster erinnern an bessere Zeiten. In einigen Zimmern ist der Fußboden deutlich abschüssig. Unzählige Poster verweisen auf aktive Treff-Zeiten mit vielen Bands, von denen es einige auch zu entsprechender Bekanntheit gebracht haben. 

Die Haustür des hinteren Gebäudeteils ist aufgrund des Fensterelementes im oberen Teil ebenfalls denkmalgeschützt. Sie soll einer dem heutigen Standard entsprechenden Tür weichen und eingelagert werden.

Umbau zum Energieeffizienzgebäude 100

„Das Dach ist allerdings in gutem Zustand“, erklärt Birgit Dörries. Die vorliegenden Pläne haben als Ziel einen „Ort für Jugendarbeit / Kultur /Begegnung mit weitgehend flexiblen Nutzungsmöglichkeiten“ zu schaffen und den „Erhalt des Baudenkmals mit Anpassung an aktuelle Standards“. Sie sehen unter anderem einen Teilabriss des hinteren Gebäudes vor. Der vorhandene Keller soll mit einer Bodenplatte versehen werden und als Außenbühne dienen. Die bisher zur Verfügung stehende Raumfläche würde sich um etwa die Hälfte reduzieren. Auf gut 300 Quadratmetern wäre dann Platz für Musikveranstaltungen, Büro-, Technik-, Sanitär- und Lagerräume. 

Das aufwendige Parkett ist an einigen Stellen noch zu sehen. Im Wesentlichen werden die Räume zurzeit als Lagerfläche genutzt.

Ein Seminar- und ein Mehrzweckraum lassen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu. Für Musikbands gibt es eine Übernachtungsmöglichkeit. Eine Dachterrasse ist geplant. Die Immobilie soll ein Energieeffizienzgebäude 100 werden, sodass unter anderem die entsprechende Dämmung und eine Wärmepumpe vorgesehen sind. Dafür wurden Fördermittel beantragt und auch bewilligt. Insgesamt sollen Umbau und Sanierung etwas mehr als 1,3 Millionen Euro kosten. 

Zahlreiche Plakate zeugen von vielen musikalischen Veranstaltungen an der Sedanstraße.

Stimmen die Ratsmitglieder den Plänen zu, heißt das noch mehr Verschuldung, stimmen sie nicht zu, bedeutet das Leerstand, weiteren Verfall und eine reduzierte Jugendarbeit. Eine Belebung durch Aktivitäten an der Sedanstraße bliebe somit vorerst aus. Keine einfache Entscheidung für die Ratsfrauen und -männer.

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