SIEBEN: Fragen an: Ralf Dorn, Geschäftsführer der Kulturvereinigung Alfeld e. V.
„Ausverkauft“, das ist wohl das Lieblingswort aller Veranstaltenden und somit auch für Ralf Dorn. Der 67-Jährige ist seit 2021 Geschäftsführer der Kulturvereinigung Alfeld und wurde bei seinem Antritt sofort mit der Corona-Pandemie konfrontiert: Rückgang der Besucherquoten und ein enormer Aufwand durch Schutzmaßnahmen waren die Folge. Seit vier Jahren ist er nun mit seinem Team für die Stücke zuständig, die Alfelds Kulturlandschaft bereichern. Bekannte Künstlerinnen und Künstler finden den Weg nach Alfeld, das Neujahrskonzert mit dem Göttinger Symphonieorchester hat zahlreiches Stammpublikum.Die SIEBEN:regional hat mit Ralf Dorn über die Herausforderung gesprochen, immer wieder ein für möglichst viele Menschen interessantes Programm auf die Bühne zu bringen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Spielzeit 2024/2025?
In der dieser Saison konnten wir rund 4.500 Tickets verkaufen – seit 2022 ist das eine Zunahme von 62 % – und hatten mehrfach ein ausverkauftes Haus. Die Anzahl unserer Abonnenten und Sponsoren hat sich spürbar erhöht.
Nach welchen Kriterien wählen Sie neue Stücke aus?
Aus den Besucherbefragungen ergeben sich die Vorlieben des Publiums.Auch berücksichtigen wir aktuelle gesellschaftliche, kulturelle und politische Themen. Diese und insbesondere bekannte Schauspieler ziehen mehr Publikum an. Wir legen Wert auf ein ausgewogenes Programm und gehen auf das Kulturverhalten jüngerer Menschen ein, ohne dabei die Interessen der älteren Generationen zu vernachlässigen. Zusätzlich schauen wir aber auch auf wirtschaftliche Aspekte unter Berücksichtigung unserer Ressourcen. Darauf achtet besonders meine Kollegin Christiana Goldhahn in ihrer Funktion als Schatzmeisterin.
Sie bitten die Zuschauenden seit einiger Zeit um ein Feedback. Haben sich die Ansprüche des Publikums verändert und erreichen Sie auch jüngeres Publikum?
Ja, allein die Art und Weise, wie Veranstaltungen beworben werden, ist für junge Generationen wichtig. Sie neigen dazu, Entscheidungen aufgrund unserer Online-Präsenz und des Feedbacks in sozialen Medien zu treffen. Diese Medien werden umfänglich und aktuell von meiner Kollegin Andrea Beyes gepflegt. Dazu gehört eine faire Preisgestaltung. Hier haben wir mit unserem Taschengeldtarif in Höhe von 10 € für Schüler, Auszubildende und Studenten gute Erfahrungen gemacht, da wir Abiturthemen und Kinderstücke mit in unser Programm aufgenommen haben. Die „best ager“ schätzen innovative und experimentelle Ansätze mit bekannten Schauspielern und probieren dazu gern unser „Probeabo“ (5 Theaterstücke einmalig zum Preis von 90 €) aus. Ältere Generationen loben die Vielfältigkeit unseres Programms, die geografische Erreichbarkeit und unseren persönlichen Kundenservice direkt vor Ort in Person unserer Ticketmanagerin Kirsten Strobell.
Auf welche Neuerungen darf sich das Publikum freuen und bleibt Bewährtes erhalten?
Wir zeigen einerseits klassisches Theater mit „Der zerbrochene Krug“ mit Jörg Schüttauf, bekannt als Tatortkommissar, den Ohnsorg-Kultklassiker „Tratsch im Treppenhaus“ mit Heidi Mahler, ein Requiem anlässlich zum 80. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges in St. Nicolai, das Neujahrskonzert mit den Göttinger Symphonikern und vielen weiteren. Neu dabei sind: die Comedy-Show „Luksan Wunder“, ein Open Air-Konzert mit „ME an the jokers“ und als gesellschaftliches Thema „Mayas Kontra“ eine Adaption des Kinohits „Contra“ mit Christoph Maria Herbst, das Musical „Ewig jung“ sowie für die Kleinen „Pippi Langstrumpf“, die wie unsere Kulturvereinigung in diesem Jahr ihren 80. Geburtstag feiert. Herausragend wird wieder MAYBEBOP im September 2026 sein – der Kartenvorverkauf läuft bereits. Wir erweitern unsere Spielstätten im Theatersaal Gymnasium Alfeld, Fagus-Werk und St. Nicolai um den Luthersaal in Alfeld. Neu sind die Anfangszeiten, die mit 19:30 Uhr familien- und arbeitnehmerfreundlicher sind.
Ist es eine Herausforderung in Zeiten leerer Kassen und steigender Preise ein anspruchsvolles Kulturprogramm für eine Stadt in der Größenordnung Alfelds zu ermöglichen? Und wenn ja, wie meistern Sie dieses?
Auf jeden Fall! Durch ein Programm, das die Besucher anspricht und die Quoten erhöht, viele Sponsoren, die wir dankenswerter Weise gewinnen konnten und mit ganz viel ehrenamtlicher Tätigkeit, Kreativität, unermüdlichem Einsatz und Teamgeist arbeiten wir daran, dass die Kulturvereingiung in Alfeld weiterhin für die Stadt und die Region ein gutes Angebot bietet. Dafür steht unser „Kulturteam“ mit Kirsten Strobell, Andrea Beyes und Christiana Goldhahn und viel weitere Unterstützende. Als Geschäftsführer gehört die Sicherstellung der finanziellen Stabilität, Umsetzung des Spielplans, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und ganz viel Netzwerken zu meinen Aufgaben.
Sie konnten während der vergangenen vier Jahre die Bekanntschaft vieler Künstlerinnen und Künstler machen. Welche Begebenheiten waren für Sie besonders beeindruckend oder überraschend?
Das natürliche Charisma bekannter Schauspieler und Dirigenten beeindruckt mich nach wie vor. Ihr Charme, ihre Ausstrahlung, Freundlichkeit und Offenheit vor und nach der Aufführung sind beeindruckend – sie bereichern unsere Arbeit. Mit MAYBEBOP waren wir gemeinsam in der Innenstadt und hatten einen sehr lustigen Abend. Mit Helmut Zierl, Bernhard Bettermann, Cheryl Shepard, Jürgen Tarrach, Kalle Pohl, Oliver Mommsen, Nadine Schori, Peter Kremer und Rufus Beck habe ich tolle Schauspieler kennenlernen dürfen und den Dirigenten Nicholas Milton „hautnah“ erleben können.
Als Sparkassenbetriebswirt sind Sie sicher eher mit nüchternen Zahlen konfrontiert worden. Nun sind es Schauspielkunst und musikalische Darbietungen. Passt das gut zusammen?
Das Verständnis für strategische Planungen in einer Bank kann ich in der Kulturvereinigung anwenden, um langfristige Ziele zu setzen und Pläne zur Erreichung unserer Vorhaben zu entwickeln. So kann ich meine Kenntnisse nutzen, um neue Einnahmequellen zu erschließen, Budgets zu planen, Förderanträge zu stellen und den Erfolg von Projekten zu messen. Letztendlich war nach meinem Arbeitsleben der Wechsel zur Kulturvereinigung auch die Umsetzung einer persönlichen Leidenschaft, die Affinität zur Musik und zur Kunst, die ich nun mit großer Freude und Leidenschaft gemeinsam mit meinem Team und Vorstand lebe. (sr)
Der Vorverkauf für die Spielzeit 2025/2026 läuft bereits.
Das aktuelle Programm liegt dieser Ausgabe bei.
Weitere Infos unter www.kulturvereinigung-alfeld.de